Gerüchte, Widersprüche & Desinformationen II

Antisemitismuskritische Bildungsarbeit nach dem 7. Oktober 2023

Der 7. Oktober 2023 stellt nicht nur in der israelischen Gesellschaft, sondern auch für die jüdischen Communities weltweit einen tiefen Einschnitt dar. Auch in Deutschland erreichten antisemitische Gewalttaten einen neuen Höchststand. Diese Entwicklungen haben weitreichende Konsequenzen für die Schule sowie die Kinder und Jugendhilfe. Seit diesem Datum werden Jugendliche mit einer Flut von antisemitischen und terrorrelativierenden Inhalten in sozialen Netzwerken konfrontiert. Schon vor zehn Jahren warnte die Antisemitismusforscherin Monika Schwarz Friesel vor der „Omnipräsenz“ von Judenfeindschaft und Verschwörungsmythen in der digitalen Kommunikation. Diese Problematik hat sich verschärft, während das Internet nach wie vor ein zentraler Bestandteil der Lebenswelt von Jugendlichen bleibt – als wichtigste Informationsquelle, Freizeitort und sozialer Raum. Daraus ergibt sich ein dringender Bedarf an antisemitismuskritischen Perspektiven im pädagogischen Handeln.

Mit dieser Handreichung möchten wir Fachkräfte in ihrer antisemitismuskritischen Handlungskompetenz stärken. Sie bietet Weiterbildungsmöglichkeiten, Impulse zur Selbstreflexion und praxisorientierte Ansätze, um Jugendliche in ihrer Lebenswelt zu erreichen und sie zu begleiten, Antisemitismus aktiv entgegenzutreten. Die Handreichung lädt dazu ein, sich intensiv mit Facetten der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit auseinanderzusetzen. Sie bietet sowohl fundierte theoretische Einblicke als auch praxisnahe Methoden, die direkt in Schule, Kinder und Jugendhilfe sowie anderen Bildungssettings angewendet werden können.

Im ersten Teil kommen ausgewiesene Expert*innen zu Wort: Julia Bernstein beleuchtet die Lebensrealitäten von Jüdinnen und Juden in Deutschland nach dem 7. Oktober 2023. Barbara Schäuble zeigt auf, wie antisemitismuskritische Ansätze in der Kinder- und Jugendhilfe umgesetzt werden können. Michal Schwartze präsentiert konkrete Handlungsstrategien für Lehrkräfte, und Christa Kaletsch beleuchtet die Chancen einer stärkeren Verankerung von Schulen im Sozialraum.
Der methodische Teil bietet vielfältige Module: von Diskriminierungssensibilität über die Geschichte sowie Aktualität von Verschwörungsmythen bis hin zu israelbezogenem Antisemitismus und digitalen Desinformationskampagnen. Diese Methodenempfehlungen sind eng miteinander verknüpft und ermöglichen eine tiefgehende Auseinandersetzung, die direkt auf die pädagogische Praxis zugeschnitten ist. Jakob Baier sensibilisiert für Antisemitismus im deutschsprachigen Gangsta Rap.
Im letzten Teil finden Sie zahlreiche Vertiefungsmöglichkeiten. Drei Interviews bieten differenzierte Einblicke in die Geschichte des Israel Palästina Konflikts: Martin Cüppers beleuchtet den Einfluss des Nationalsozialismus auf den Nahen Osten, Stephan Grigat geht auf den Exodus von Jüdinnen und Juden aus arabischen Ländern nach 1948 ein, und Alex Feuerherdt sortiert die antiisraelische Haltung der Vereinten Nationen.

Weitere Beiträge bieten Einblicke, wie israelbezogener Antisemitismus erkannt und eingeordnet werden kann, und einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand. Ergänzend stellen wir externe Bildungs- und Beratungsträger aus Hessen vor, die Sie in Ihrer Arbeit unterstützen können.
Diese Handreichung soll Ihnen als Begleitung und Inspirationsquelle dienen – für eine antisemitismuskritische Bildungsarbeit, die Wissen verfügbar und Erfahrungen zugänglich macht, Haltungen stärkt und zur Gestaltung einer offenen, solidarischen Gesellschaft beiträgt.
Wir danken allen Mitwirkenden und wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

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